Wir hatten eine absolut ruhige Nacht vor Anker – mehr oder minder windstill. Wir wachen kurz nach 8 Uhr auf und Nane macht auf Wunsch eines einzelnen Crew-Mitglieds erst mal Milchreis und Obstsalat zum Frühstück. Als wir gemütlich im Cockpit frühstücken, sehen wir auch wieder 3 Wildpferde auf dem Weg oberhalb der Bucht – schön! Wir dachten schon, dass sie verschwunden sind. Ab 9.30 Uhr soll der Wind stärker werden, also schauen wir, dass wir los kommen. Motiviert unter Genua die 7 Seemeilen Richtung Sailors aufzukreuzen, setzen wir die Genua, aber der Wind will nicht kommen – komisch. Wir versuchen unser Bestes, etwas Fahrt aus dem bisschen zu holen, aber es macht keinen Sinn, so dass wir den Motor starten. Plötzlich auf Höhe des D-Marin Hotels ist er da der Wind. Wir versuchen es erneut mit der Genua, aber mit dem Wind steht in den Hisarönü eine ungewöhnlich hohe Welle rein, so dass das Aufkreuzen mühsam ist und die Böen es zudem schwer machen, mit der Welle auf Kurs zu bleiben. 2 Seemeilen vor der Einfahrt Richtung Kocabahce Koyu holen wir die Genua ein und Nane fährt mit knapp 1800 Umdrehungen gegenan. Als wir gegen 11.30 Uhr in die Bucht kommen, stehen Schaumkronen in der Bucht und die Böen machen es unmöglich schnell mit Muring an den Steg zu kommen. Tarek kommt mit dem stark motorisierten Dinghi raus und meint, wie sollen zuerst an die Boje. Das klappt recht gut. Boje mit Muring vorn und Muringleinen hinten. Dann bekommen wir eine zweite Muring vom Steg und geben doppelte Länge Achterleinen über, so dass wir mit der Bojen-Muring und der Muring vom Steg an den Steg gezogen und per Dinghi gedrückt werden. Wir liegen mit Abstand zum Jetty – die Passerella reicht nicht aus, aber wir sind erst mal save mit zwei Murings, Achterleinen und Spring. Der Wind nimmt weiter zu, wir haben fliegende Gischt in der Bucht und die Erleichterung, hier so ein gutes Team vorzufinden, das einen sicher an den Steg bringt, ist riesig. Vielen lieben Dank Tarek – Du bist genial.
Der Sturm soll erst um 18 Uhr seinen Höhepunkt erreichen und wir sind fasziniert von den Naturgewalten – kann man ja sein, wenn man sicher liegt. Nane braucht erst mal ein Schorle auf das Abenteuer und macht zum Mittag Ofengemüse mit Schafskäse für die Crew – das hat sie sich verdient.
Der Wind nimmt weiter zu und wir sind froh sicher zu liegen. Nane schreibt mit Sabit, dass wir morgen nicht nach Sögüt kommen können, denn für Dienstag ist genauso starker Wind angesagt. Er sieht das genauso und sagt, dass es in Sögüt aktuell fast unmöglich ist, an den Steg zu kommen. Vielleicht klappt es ja am Mittwoch. Dirk legt sich eine Runde hin – unter Deck ist es kuschelig warm, die Windgeräusche hört man nur gedämpft und das Wasser gluckert ein wenig unter dem Schiff – das war’s. Mit 2 Murings kann er gut schlafen, hat er sich nach dem Anlegemanöver auch verdient.
Unsere Passerella reicht mit dem Sicherheitsabstand nicht bis an den Steg, aber das Team von Sailors Paradise hat extra lange Bretter. Wir teilen uns das Brett mit der Nachbar-Crew von der Black Swan. Zwei sympathische Türken, die hier seit gestern Abwettern.
Das Abendessen ist wie immer köstlich. Nane ist von den Seafood-Börek begeistert. Thomas bestellt 1,5 Portionen Köfte, Dirk die einfache Menge und Micha schlemmt Salat mit Chips. Als Vorspeisen gibt es noch Cheese-Salat, Börek, Zucchini-Puffer und eine Zucchini-Creme mit Walnüssen. Mehmet besteht an diesem stürmischen Abend darauf, dass er uns einen Raki spendieren darf und diesmal nehmen wir an. Der Anis-Schnaps tut tatsächlich sehr gut, er wärmt zumindest von innen und gegen 22 Uhr machen wir uns zurück auf den Weg zur Pura Vida. Im Dunkeln fühlt sich der stürmische Wind noch wesentlich heftiger an, als bei Sonnenschein am Tag. Ein Phänomen, dass wir immer noch nicht so recht verstehen. Sturm bei blauem Himmel – auf jeden Fall besser als bewölkt. Micha will trotz des Sturms draußen im Cockpit schlafen, er mein er bindet die Windgeräusche in seine Träume ein.
Trotz der Geräusche der Wellen, der knarrenden Muring-Leinen und des Windes können wir irgendwann einschlafen. In der Nacht legt der Wind nochmal eine Schippe drauf. Wir wachen mehrfach auf, checken die Lage – alles im grünen Bereich – und schlafen wieder ein.
Morgen gehen wir kein Risiko ein und bleiben da, denn es soll so ohne Pause weiter blasen bis Mittwoch früh. Michel will einen Wandertag daraus machen und Thomas wünscht sich Pfannkuchen zum Frühstück.