Sonntag, 21.09.2025 | Palamut – Kargi Koyu | 11,5 nm

Wir haben gut geschlafen und wurden nur einmal in der Nacht durch den ungebetenen Besuch einer Katze geweckt. Für eine Nacht war der Liegeplatz okay, länger hätten wir das nicht gebraucht. Kurz nach 8 Uhr ist der erste Kaffee fertig. Es gibt nur ein Müsli zum Frühstück. Nane schnappt sich eine Einkaufstasche und geht zum SOK-Market. Noch etwas Obst, einen Eimer Süzme Yoghurt, Ekmek und „Vogelfutter“ steht auf der imaginären Einkaufsliste. Zurück an Bord schreiben wir Gürcan, dass wir gegen 10 Uhr aufbrechen wollen, er aber nach der Hochzeitsparty gestern Nacht nicht extra zum Hafen kommen muss. Er antwortet, dass er sich verabschieden möchte. Wir sitzen noch ein wenig im Cockpit zusammen und quatschen. Nane fragt, ob er seine Freundin auch irgendwann heiraten möchte, er meint ja. Nane will wissen, ob sie eingeladen wird – klar doch, Gürcan gibt Bescheid, wenn es soweit ist. Er fragt noch, wo wir hinwollen und Nane checkt mit ihm Ankerbucht und Wetter. Wir verabschieden uns und versprechen, im nächsten Jahr wieder zu kommen – wir kommen ja nicht wegen dem Ort, sondern wegen der Menschen! Gürcan hat sich verändert, schlank, keine Zigaretten, kein Alkohol – sehr auf seine Gesundheit bedacht – das gefällt uns. Wir legen ab und winken, es fühlt sich komisch an, irgendwie emotional und ein wenig traurig. Seine Geschwister, seine Nichten und Neffen – alle haben diesen Ort verlassen. Er ist immer noch da und wird auch dableiben. Er kümmert sich um seine Eltern, ist immer greifbar, wenn sie etwas brauchen, aber seine Geschwister sind in den Erzählungen der Eltern die Helden, auf die man stolz ist. Alle sind schwer beschäftigt, keiner hat Zeit sich um die Eltern zu kümmern, „Gürcan macht das schon.“ Er meint, er ist der „Ärmste“ von seinen Geschwistern, die sich nicht wirklich dafür interessieren, wie er das immer größer werdende Thema – Pflege der Eltern – gemanaged bekommt und gleichzeitig seinen eigenen Job machen kann. Die Nachfrage nach Grundstücken und Häusern in Palamut hat drastisch nachgelassen, so dass auch hier gerade „Flaute“ herrscht. Das sind existentielle Sorgen, die wir uns aktuell nicht machen müssen, deshalb verdienen sie umso mehr unseren Respekt. Das Einzige, was wir tun können, weiterhin diese Freundschaft pflegen und wenn wir in der Nähe sind, vorbeizuschauen, zuzuhören und zur Aufmunterung ein paar Duplo mitzubringen.

Wir legen kurz vor 10 Uhr ab und nehmen Kurs auf das kleine Kap der Datca-Bucht. Wir wollen schauen, ob wir in Svens Lieblingsbucht einen Platz bekommen, das ist für Sonntag sicher kaum möglich, aber vielleicht haben wir Glück. Plan B ist die Kargi-Bucht unterhalb von Datca. Der Wind reicht nicht aus, um die Segel zu setzen, also motoren wir die 11,5 Seemeilen. Wie erwartet ist die Armutlusu Koyu voll belegt, also steuern wir die Kargi Koyu an. Wir ankern auf 6 Meter Tiefe mit 30 Meter Kette und fahren den Anker mit 2000 Umdrehungen gut ein. Dirk entdeckt eine kleine Meeresschildkröte und schnappt sich die GoPro und die Taucherbrille, um nach der Schildkröte zu schauen und den Anker zu checken, die Schildkröte hält sich in der Nähe des Ankers auf – zwei Fliegen mit einer Klappe. Dirk ist zufrieden, der Anker ist fett eingegraben im Sand – perfekt. Nane will es selber auch noch mal wissen und schaut sich den Anker an – passt. Das Wasser ist herrlich klar. Die Sonne reflektiert im Wasser, der Sandboden erscheint türkis – herrlich ist der richtige Ausdruck. Es ist auch für den Nachmittag und die Nacht kein wirklicher Wind angesagt, so dass wir hier frei schwojend liegen bleiben können. Wir schwimmen, hören Musik und chillen an Deck – fühlt sich an wie Urlaub.

Am Nachmittag bekommen wir ein wenig Hunger und Nane macht Ofengemüse mit Schafskäse und Fladenbrot – auch lecker. Gegen 16 Uhr kommen noch einige Ausflugsboote in die Bucht, laute Musik schallt zu uns rüber, aber kurz nach 17 Uhr sind sie wieder weg. Am Ufer sind ein paar türkische Badegäste zu sehen. Sie grillen und das erzeugt Rauch, der von der Straße aus gesehen wird, kurz darauf rückt die Feuerwehr an. Soweit wir das aus der Ferne beurteilen können, wird die Grillstelle am Strand begutachtet und für gut befunden, denn nach 20 Minuten rücken sie wieder ab und es wird weiter gegrillt.

Gegen Abend wechselt die Richtung des kaum vorhandenen Winds und wir drehen uns im Kreis. Nanes Anker-App behält das unter Kontrolle, so dass wir uns erst Gedanken machen müssen, wenn der Alarm losschrillt. Es steht etwas Schwell in die Bucht, das wäre ein Grund gewesen doch eine Landleine an die Felsen am Ufer zu spannen, doch da wenig Wind und somit auch wenig Schwell angesagt ist, lassen wir es für heute gut sein.

Die Sonne geht unter, der Blick Richtung Symi ist magisch – das Wasser und der Himmel bieten ein herrliches Farbenspiel von leuchtend orange bis zu pastelltönen in türkis und rosa. Nane fällt der Skipper der Salty Dog ein, der ihr 2006 vor ihrer praktischen SKS-Prüfung folgenden Satz mitgegeben hat: „Wenn Gott gewollt hätte, das Frauen segeln, hätte er das Meer rosa gefärbt.“ So lieber Salty Dog das ist der Beweis, das Wasser scheint pastellig hellblau und rosa – der liebe Gott hat es genauso gewollt! Wir überlegen, wie alt er jetzt wohl ist und denken nicht, dass er noch auf dem Meer unterwegs sein kann, denn er war schon vor 19 Jahren in Rente.

Wir genießen die Abendstimmung, bestaunen den Sternenhimmel, warten auf Sternschnuppen, die nicht kommen und gehen dann irgendwann in die Koje.

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